Wie geht Daimler Buses Solutions mit den Anforderungen an smartes und sicheres Laden um? Wir sprachen darüber mit Karsten Wasiluk, bei Daimler Buses Solutions zuständig für die Ladeinfrastruktur.
Smartes und sicheres Laden für Elektrobusse.
Interview mit Karsten Wasiluk, Head of Charging and Energy Technology Daimler Buses Solutions.
Für das Laden eines Elektrobusse mit CCS‑Stecker oder dem vierpoligen Pantografen haben sich einige ISO‑Normen etabliert, die ständig weiterentwickelt und angepasst werden. Diese Normen bilden einen breiten Markt ab und sind auch für kommende Themen wie „Vehicle‑to‑Grid“ oder die Abrechnung des Ladens von Reisebussen vorbereitet.
„Dank einer Schnittstelle zu OMNIplus ON werden Warnsignale der Batterie direkt ins Backend des Betreibers übertragen.“
Wie setzt Daimler Buses Solutions ein sicheres, normgerechtes Laden für Elektrobusse um?
Für die Kommunikation mit dem Lademanagementsystem nutzen wir das standardisierte OCPP-Protokoll und sogenannte Value-Added-eService, die in der VDV‑Schrift 261 definiert sind. Alle genormten Schnittstellen und Verbindungen im Lademanagement werden dabei genauso über abgesicherte Verbindungen betrieben, wie es zum Beispiel beim Online-Banking oder Online-Shops der Fall ist. Auch die Vorkonditionierung der Busse mit invertiertem Pantograf konnten wir erstmals beim Projekt bei RVBW in Baden-Wettingen (CH) mit einer Schnittstelle zwischen OMNIplus ON und dem dort installierten Lademanagementsystemen realisieren. Auch Warnsignale der Batterie werden so direkt ins Backend des Betreibers übertragen, was die Betriebssicherheit nochmal deutlich erhöht.
Welche Rolle spielt Cyber‑Security?
Gerade die Cybersicherheit von Internet-Clouds wie die unseres deutschen Kooperationspartners „Sinos“ ist heute auf einem hohen Niveau. Denn diesen gehört ganz klar die Zukunft, da sie besser skalierbar und stabiler zu betreiben sind. Und in puncto Sicherheit stehen sie den lokal installierten Systemen in nichts mehr nach. Das betrifft sowohl die Ausfallsicherheit als auch die Sicherheit gegenüber Cyberangriffen, da diese Datencenter natürlich optimal geschützt sind. Bevor die IT‑Systeme beim Kunden implementiert werden, führen IT‑Security-Experten von Daimler Truck einen gesonderten Prüfprozess durch. Begleitet werden sie dabei von externen Beratern, um höchste Sicherheitsansprüche zu gewährleisten.
„Es geht nicht immer um die höchste Ladeleistung, es geht vielmehr um die für den Einsatzzweck passende Leistung.“
Welche Möglichkeiten gibt es heute, um Busse parallel und smart zu laden?
Smartes Laden fängt schon bei einem einzigen eCitaro an, dessen Ladevorgang individuell im Fahrzeug angepasst werden kann. Bei größeren Flotten spielt dann aber ein übergreifendes Lademanagement mit parallelem Laden, bei dem die Ladeleistung auf mehrere Busse verteilt werden kann, eine immer größere Rolle. Dieses Prinzip sehen wir immer stärker in unseren Projekten zur Anwendung kommen und es hat das bisherige sequenzielle Laden weitgehend abgelöst.
Bei unserem aktuellen Projekt in Den Haag zum Beispiel wollte der Betreiber tagsüber 300 Kilowatt für die Schnellladung nutzen, aber auch nachts eine schonende Langsam-Ladung anlegen. Zusammen mit unserem Partner ABB haben wir das mit einem neuen, dynamischen Ladegerät realisiert, das nachts seine Leistung auf vier Busse verteilt. Je nach Einsatzszenario beim Kunden werden so für jeden Bus zwischen 60 und 90 Kilowatt zur Verfügung gestellt. Es geht hier nicht um die höchste Ladeleistung, es geht vielmehr um die für den Einsatzzweck passende Leistung. Auf diese Weise wird nur die Ladeleistung installiert, die auch tatsächlich gebraucht wird, was zu enormen Einsparpotenzialen gerade bei der Installation führt.
Aus unserer Sicht ist dieses Thema deshalb gar nicht mehr wegzudenken für das effiziente Design der Ladeinfrastruktur. Um diese Potentiale realisieren zu können, benötigt man sehr viel Erfahrung im realen Betrieb mit Elektrobussen, was ein eindeutiger Mehrwert unserer Arbeit als Daimler Buses Solutions ist.
Ist bidirektionales Laden die beste Lösung für ein hocheffizientes Energiemanagement?
Das ist ein spannendes Thema, man muss aber sehr genau wissen, wann und wo der Kunde das wirklich braucht. Im Stadtbusbereich stellt sich zudem die Frage, wann effektiv Strom ins Netz zurückgespeist werden sollte, wenn die meisten doch abends weitgehend leer ins Depot kommen. Die Potenziale beim Bus sind hier sehr gering im Gegensatz zum Pkw. Wir sehen die Effizienz vor allem durch ein intelligentes Lademanagement, das Ladespitzenvermeidung und -glättung betreibt und so vor allem auch nachts den nachhaltig erzeugten Strom verbrauchen kann. Unser Kunde Rhönenergie Fulda hat zum Beispiel schon eine Schnittstelle zum Energieversorger, der auf diese Art die Belastungsspitzen gezielt kappen kann. In Zukunft soll hier auch der aktuelle Strombörsenpreis zur Anwendung kommen. Wir sprechen da durchaus von 30 bis 40 Prozent Einsparung durch flexible Stromtarife. Natürlich haben wir alle die Verantwortung, intelligent mit dem Strom umzugehen und aktiv die Energiewende zu unterstützen. Das Wichtigste ist zu guter Letzt aber immer, dass alle Busse am nächsten Tag einsatzbereit geladen sind.