Was tun mit den Altbatterien aus dem Elektrobus? Umweltgerecht recyceln oder lieber einem neuen Verwendungszweck zuführen? Im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftskreislaufs hat Daimler Buses gleich mehrere Lösungen parat.
Das zweite Leben der Elektrobusbatterien.
Interview mit Julia Stolz, Leiterin Product Management and Services, und ihrem Team.
Die Ökobilanz eines eCitaro ist über den gesamten Lebenszyklus betrachtet aktuell bereits besser als die eines konventionellen Busses. Der CO2-Fußabdruck kann aber noch weiter optimiert werden. Zum Beispiel, indem man die Altbatterien sinnvoll weiterverwendet. Das Mercedes-Benz Omnibus Magazin hat bei drei Nachhaltigkeits-Expertinnen von Daimler Buses nachgefragt, wie das gelingen kann.
Die Batterietechnik bestimmt den Lebenszyklus eines Elektrobusses ja wesentlich mit. Wie geht Daimler Buses mit diesem Thema in Bezug auf Nachhaltigkeit um?
Julia Stolz: Der Umstieg vom Diesel- auf den Elektrobus ist mehr als ein Austausch der Antriebstechnik, es bedeutet den Einstieg in ein komplett neues System. In diesem Gesamtsystem eMobilität ist der eCitaro zwar der zentrale Baustein, doch wir bei Daimler Buses setzen auf eine gesamtheitliche Lösung. Für die Batterien bedeutet dies konkret, dass sie nach ihrem Einsatz, sozusagen ihrem ersten Leben, eine zweite Verwendung finden.
Sprechen wir hier vom Recycling der Batterien?
Sarina Bögel: Auch, aber nicht in erster Linie. Wir haben unterschiedliche Recyclingverfahren analysiert und bewertet und haben zertifizierte Partner, mit denen wir bereits heute ein Recycling der Fahrzeugaltbatterien gewährleisten können. Dabei legen wir hohe Maßstäbe an und haben bei Daimler Buses interne Standards gesetzt, die über die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Das Recycling der Batterien ist zwar momentan aus technologischer Sicht möglich, jedoch über den gesamten Lebenszyklus betrachtet nicht immer die beste Lösung. Primär streben wir daher eine Second-Life-Anwendung für unsere Hochvoltbatterien an.
Die Batterien bekommen also praktisch ein zweites Leben?
Paula Rocha Schubert: Genau! Bei einer Second-Life-Anwendung können die in der Batterie gebundenen Rohstoffe und Materialien länger genutzt werden. Nach dem bestimmungsmäßigen Betrieb im Elektrobus liegt die verbleibende Restkapazität bei etwa 80 Prozent. Das ist für den Weiterbetrieb im Fahrzeug zwar zu wenig, da die notwendige Reichweite nicht mehr gewährleistet wird, für die Verwendung als stationäre Speicherlösung ist die Kapazität aber mehr als ausreichend. Speziell die NMC-Technologie der im eCitaro verwendeten Batterien ist für eine solche Second-Life-Anwendung ideal geeignet.
Gibt es auch schon praktische Erfahrungen mit der Verwendung der Batterie als stationärer Speicher?
Paula Rocha Schubert: Der Stationärspeicher ermöglicht dabei den Ausgleich von Lastspitzen sowie einen Weiterbetrieb bei Netzausfällen und die Versorgung der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Der Pilotspeicher verfügt über eine Kapazität von rund 500 kWh und besteht aus ca. 20 Batteriepacks, die zuvor über tausende Kilometer im eCitaro für Erprobungsfahrten eingesetzt wurden. Der stationäre Speicher ermöglicht die Rückgewinnung von Energie aus dem Straßenbahnbetrieb. Mit dem so gespeicherten Strom können dann wieder Elektrobusse geladen werden.
Julia Stolz: Bei dieser Second-Life-Anwendung kommen wir dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft schon sehr nahe: Am Anfang steht der Einsatz der Elektrobusse in einem sauberen Linienbetrieb, dann die Weiterverwendung der gebrauchten Batterien aus den Bussen für die Ladeinfrastruktur und schließlich das Laden der Elektrobusse mit dem in diesen Batterien gespeicherten Strom. Diese Art der Batterienutzung über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg ist aus ökologischer und auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll.
„Bei der Second-Life-Anwendung kommen wir dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft schon sehr nahe.“
Welche weiteren Einsatzmöglichkeiten für die Batterien aus einem eCitaro in Form einer solchen Second-Life-Anwendung gibt es noch?
Paula Rocha Schubert: Altbatterien des eCitaro können beispielsweise als Zwischenspeicher von Wind- oder Solarparks eingesetzt werden, was wir im Rahmen einer weiteren Kooperation umsetzen wollen. Bei diesem Projekt wird eine neue Form des stationären Speichers zum Einsatz kommen. Das Ziel ist, durch sogenanntes „Peak Shaving“ Lastspitzen im Stromverbrauch oder auch in der Stromerzeugung abzufangen.
„Wir leisten in diesem Bereich Pionierarbeit.“
Hier sind zukünftig also ganz viele Verwendungen denkbar?
Paula Rocha Schubert: Die technische Entwicklung verläuft hier rasant und ich bin sicher, wir werden noch viele weitere Einsatzmöglichkeiten für eine Second-Life-Anwendung sehen. Wir leisten in diesem Bereich Pionierarbeit, was das Ganze natürlich sehr spannend macht. Noch dazu haben wir bei der Elektromobilität ein sich sehr schnell wandelndes Umfeld.
Sarina Bögel: Deshalb wollen wir uns bei Daimler Buses auch nicht auf nur eine Möglichkeit der Weiter- bzw. Wiederverwendung festlegen. Unser Ziel ist es, schnell auf Veränderungen im Markt und die Verfügbarkeit der unterschiedlichen Technologien reagieren zu können. Wobei bei jeder neuen Technik natürlich immer auch der Kundenutzen im Fokus stehen muss.
„Bei jeder neuen Technik muss natürlich immer auch der Kundenutzen im Fokus stehen.“
Wie sieht dabei der weitere Fahrplan von Daimler Buses aus?
Julia Stolz: Wir nehmen bei der Elektrifizierung den Elektrobus und alle seine Komponenten sowie den gesamten Lebenszyklus in den Blick. Das reicht von der besseren Nutzbarkeit regenerativer Stromquellen über den Betrieb der Elektrobusse, den Einsatz von Photovoltaik-Anlagen auf dem Betriebshof, ein intelligentes Lademanagement und die Second-Life-Lösung bis zum Recycling der Batterien. Dieser Kreislauf macht den Elektrobus zu einem echten Champion in Sachen Ökologie und Wirtschaftlichkeit.