G wie „Grandissimo“.
Omnibus Magazin

G wie „Grandissimo“.

Der vollelektrische Gelenkbus eCitaro G auf Roadshow in Italien.

Der eCitaro G konnte bei einer Roadshow in Italien seine Fähigkeiten und Alltags-Praktikabilität eindrucksvoll unter Beweis stellen. Höhepunkt war ein Test in Südtirol auf rund 2000 Metern Höhe.

Die Elektrifizierung des Personennahverkehrs schreitet voran. Immer deutlicher wird das bei den stark nachgefragten Gelenkbussen. Diese bilden das Rückgrat des ÖPNV und haben einen großen Anteil an der nötigen Verkehrswende. Mercedes-Benz ist seit 2021 mit dem 18 Meter langen eCitaro G auf dem Markt. Ein Exemplar des Elektro-Riesen ging in Italien auf Roadshow.

Der neue, vollelektrische Mercedes-Benz eCitaro G mit innovativer Festkörperbatterie und Zweiachs-Antrieb absolvierte Ende Dezember 2021 bis in den März 2022 eine ausgedehnte Roadshow in den Metropolen Italiens. Stationen waren neben Genua, Turin und Triest auch Bomporto bei Modena, wo die Landeszentrale von EvoBus Italia angesiedelt ist. Hier absolvierte der eCitaro G diverse Tests, die für die Messung grundlegender Werte für die Teilnahme an Ausschreibungen nach den italienischen CUNA-Normen („Commissione Tecnica die Unificazione nell‘ Autoveicolo“) erforderlich sind: Vibrationen, Geräuschemissionen, Leistungs- und weitere Parameter, die in den nationalen Ausschreibungsspezifikationen für ein Punktessystem gefordert werden. Der Stadtbus meisterte diese mit Bravour und steht so für öffentliche Ausschreibungen in den Startlöchern.

Der vollelektrische Gelenkbus eCitaro G auf Roadshow in Italien.

Ankunft in Genua – der eCitaro G auf Vorstellungstour beim italienischen Verkehrsunternehmen ATM.

Der vollelektrische Gelenkbus eCitaro G auf Roadshow in Italien.

In Triest war der eCitaro für das Verkehrsunternehmen Trieste Transport im Testeinsatz – für die Fahrgäste kostenlos.

Völlig anderen Herausforderungen musste sich der „Grandissimo“, wie eine italienische Fachzeitschrift titelte, in den Metropolen Norditaliens stellen: im Fokus standen das sichere Erreichen der angegebenen Reichweite von über 200 Kilometern mit einer 441-Kilowattstunden-Füllung der modernen Festkörperbatterien. Aber auch die Themen Fahrgastfluss, Heizung und Klimatisierung und Sicherheit wurden von den Verkehrsunternehmen unter die Lupe genommen – hat der eCitaro in diesen Feldern doch besonders viel zu bieten auf dem Weg in einen emissionsfreien Stadtverkehr. Das Unternehmen AMT in Genua möchte zum Beispiel bereits bis 2025 auf elektrische Busse umstellen – davon viele Gelenkbusse.

Auch bei Trieste Trasporti S.p.A. in Triest sorgte der Gelenkbus, der rund 136 Personen – davon 42 bequem sitzend – befördern kann, auf der meistbefahrenen Linie 9 für Aufsehen. Und das nicht nur, weil er für die Fahrgäste rund 85 Kilometer am Tag kostenlos unterwegs war. In der östlichsten Großstadt Italiens an der Adriaküste wird gerade ein neues Elektrobusdepot mit Depotladern geplant, um in zehn Jahren rund 50 Prozent der Busse zu elektrifizieren. Zudem wurde hier ein von DB Arriva gefördertes Projekt zur Optimierung des Energieverbrauches durch die Fahrweise gestartet – auch beim Elektrobus ein echtes Thema.

Der vollelektrische Gelenkbus eCitaro G auf Roadshow in Italien.

Weitere Station auf der Roadshow beim Turiner Verkehrsunternehmen GTT (Gruppo Torinese Trasporti).

Als besonderes Highlight dürften ausgiebige Tests zu Fahrsicherheit und Reichweite auf der anspruchsvollen Strecke auf die Seiser Alm unter winterlichen Bedingungen gelten. Die Seiser Alm ist vielen Bergliebhabern gut bekannt – und auch hier setzt sich zunehmend der Gedanke nachhaltiger Mobilität durch. Eingesetzt war der eCitaro G auf einer Linie des Unternehmens Silbernagl zwischen den Orten Compatsch (1850 Meter über Meereshöhe) und Saltria (1680 Meter), dem größten geschlossenen Hochplateau Europas in den Südtiroler Dolomiten in Italien. Silbernagel hat seinen Hauptsitz unweit entfernt in Kastelruth/ Südtirol. Naturgemäß ist die Bergwelt eine besondere topografische aber auch klimatische Herausforderung. So ist auf der zwölf Kilometer langen Anfahrt zum Hochplateau ein Höhenunterschied von 800 Metern zu überwinden, die Steigung beträgt rund zehn Prozent. Auf dem Hochplateau kommen nochmals über 200 Höhenmeter dazu.

Der vollelektrische Gelenkbus eCitaro G auf Roadshow in Italien.

eCitaro G als Kletterziege – Wintertest auf 2000 Meter Höhe in Südtirol.

Rainer Bickel von der EvoBus-Versuchsabteilung in Mannheim hat den Test begleitet und kann von den technischen Herausforderungen erzählen: „Der Antrieb von zwei Achsen ist bei dieser Topografie optimal, zumal die Mittelachse nicht nur angetrieben, sondern durch die Batterien auch höher belastet ist – ein unbeabsichtigtes Schieben über diese Achse bei winterlichen Straßenverhältnissen wird dadurch reduziert.“ Der Bus verfügt zwar wie jeder Mercedes-Benz Gelenkbus über eine elektrohydraulische Knickwinkelsteuerung (ATC). Diese komme aber hier viel weniger zum Einsatz, da der Bus konzeptbedingt über eine große Fahrstabilität verfüge. „Für die flotte Fahrt hinauf, sorgt die Systemleistung von 350 kW. Auf dem Weg nach unten kann wiederum ein Großteil der Bremsenergie zurückgewonnen und der Ladezustand der Batterien so um rund sieben Prozent erhöht werden,“ weiß Bickel.

„Für uns sind die 18 Meter langen Fahrzeuge mit Zweiachs-Antrieb sehr interessant. Wir sind zuversichtlich, dass wir sie in den kommenden Jahren in unsere Busflotte integrieren können.“

Generaldirektor Carlo Greco, SiMobil Silbernagel

„Auch ohne Zwischenladung konnten wir unser tägliches Pensum von über 150 Kilometern problemlos absolvieren,“ so Bickel. Geladen werden soll bei einem möglichen Einsatz der vollelektrischen Gelenkbusse vor allem über Nacht im Tal, aber bei Bedarf auch mal auf dem Hochplateau. „Das ist aber gar kein Problem,“ so der EvoBus Mitarbeiter. „Stromanschlüsse mit hohen Leistungen gibt es hier sehr viele – wegen der vielen Schneekanonen und des Liftbetriebs.“ Bei den Tests ohne fossile Zusatzheizung an Bord bei Temperaturen von unter Null Grad Celsius war dies jedoch auch wegen der hocheffizienten Wärmepumpe und der besonders robusten Festkörperbatterien nie nötig. Um die Testergebnisse von der Straße nochmals unter Extrembedingungen abzusichern, wurde das Fahrzeug auch noch auf dem „Safety Park“ in Bozen auf Herz und Nieren geprüft und auf rutschigem Untergrund mit wenig Haftung an die Grenzen der Physik gebracht.

„Der erste Test eines Elektrobusses von 18 Metern in diesen Höhenlagen auf fast 2000 Metern auf der Seiser Alm – das ist für uns in Südtirol ein großer Moment.“

Daniel Alfreider, stellvertretender Landeshauptmann und Landesrat in der Regierung Südtirols
Der vollelektrische Gelenkbus eCitaro G auf Roadshow in Italien.

Vor malerischer Kulisse – von links: Andrea Codecasa (KAM EvoBus Italien), Carlo Greco (Generaldirektor Busunternehmen Silbernagl), Daniel Alfreider (Landrat in der Regierung Südtirols), Helmut Sartori (Präsident des Verbandes der Seilbahnunternehmer ANEF Südtirols), Markus Silbernagl (Busunternehmen Silbernagl).

„Super Fahrgefühl“, urteilte Silbernagl-Fahrer Franz Federspieler. Er muss es wissen, fährt er doch seit 40 Jahren Omnibus. Auch seine anderen Kollegen waren vollauf begeistert von den Fahreigenschaften, so Bickel. Das Busunternehmen Silbernagl setzt seit langem auf technische Innovationen und Umweltfreundlichkeit, davon zeugt nicht zuletzt der große und moderne Betriebshof und die ständig erweiterte Flotte von rund 70 Bussen. In Zukunft könnte diese noch deutlich wachsen mit dem „Grandissimo“.